Country-, Folk- und Barock-Pop, die sich in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren mit dem Rock vermischten, sind die tragenden Elemente im neuen Album von Bruce Springsteen. Streicher und Blechbläser kamen bereits in früheren Aufnahmen zur Geltung, beginnend mit seinem zweiten Album „The Wild, The Innocent & The E Street Shuffle“ aus dem Jahr 1973, aber hier erinnert das Ensemble an die kühne Americana von Aaron Copland und Richard Rodgers, sowie Komponisten von Filmmusik aus der Mitte des 20. Jahrhunderts wie Alfred Newman, Max Steiner oder Victor Young.
Auf dem berauschenden „The Wayfarer“ gesellen sich warme Hörner zu einem Stakkato-Streichsextett, bei „Hello Sunshine“, der ersten Single, blüht der klangliche Ansatz dann vollends auf. Eingehüllt in Pedal-Steel-Gitarren, erinnert es an existenzielle Radio-Balladen der späten Sechziger und frühen Siebziger. Auf jeden Fall zeigt sich eine echte und eher affektive Liebe in der Art und Weise, wie Springsteen den Sound auf „Western Stars“ kanalisiert. Es gibt Momente von transzendenter Lieblichkeit – aber er hat auch keine Angst vor seiner gelegentlichen Tendenz zum Schmalz. Ganz im Gegenteil. Wenn er „There Goes My Miracle“ oder „Sundown“ anstimmt, ist man eher froh darüber, dass die Songs stark genug sind, um dieser stimmlichen Behandlung standzuhalten.
Die einzige wirkliche Fehlzündung ist „Sleepy Joes Café“ und hätte durch die E Street Band definitiv zu etwas treibenderen und kraftvolleren entwickelt werden können. Der Kern von „Western Stars“ ist das, was Springsteen’s Werke seit Anbeginn ausmachen: gut gemachte Songs mit einer nachvollziehbaren Sichtweise, die von fein gearbeiteten, sympathischen Charakteren dargestellt wird. Viele gute Songs lassen sich hier entdecken, die tief bewegend, erfinderisch und teilweise sogar ein bisschen riskant daher kommen.