RHIANNON GIDDENS rührt nichts leichtfertig an, und das trifft sogar – vielleicht besonders – auf die Songs auf YOU’RE THE ONE zu, die sich am unbeschwertesten anfühlen und daher am meisten daran interessiert sind, bei uns ein Gefühl der Hingabe und Bewegung zu fördern.
„You’re the One“, der Titelsong auf Rhiannon Giddens‘ drittem Album, beginnt mit einer Geige und einem Banjo direkt aus einem Folk-Rezital und startet so, wie man es von einem Giddens-Song erwarten würde. Sie spricht zu einem ihrer Kinder und singt mit einer Stimme, die warm und beruhigend, aber dennoch fest und wachsam ist. Dann passiert das Unerwartete: Mit einem Ruck von Trommeln und krachenden Akkorden bricht die Musik in einem Mini-Strudel aus, und man ist plötzlich weder in Kansas noch in einem typischen Giddens-Album. Sie hat hier keine Zeit für diejenigen, die ihr kein Vertrauen schenken. „You Louisiana Man“ ist ein anklagendes Highlight, das die verächtliche Verzweiflung durch sanfte Streicherbänder und Hintergrundgesang mildert.
Der Country-Track „If You Don’t Know How Sweet It Is“ verwandelt das Aufstoßen der Tür in ein lebhaftes Ereignis, das das eigene Selbst des Sprechers in den Mittelpunkt stellt und feiert. Giddens nimmt sich in „Wrong Kind of Right“ die Zeit, ihren Geliebten näher in der Mitte zu treffen, eine langsame Versöhnung mit dem Gefühl, von einem Gefährten abgedriftet zu sein. Die meiste Wut auf dem Album kommt in den elektrischen Chills von „Another Wasted Life“ zum Vorschein, inspiriert von Kalief Browder, der drei Jahre lang ohne Gerichtsverfahren auf Rikers Island eingesperrt war. Wie auf dem Rest der Platte sorgt auch hier der Gesang von Giddens für die durchgehende Linie, wo ein gleitender hoher Ton in einer langsamen, allmählichen, sich ständig weiterentwickelnden Neigung von Trauer zu verzerrter Verurteilung übergehen kann.
„Yet To Be“, ein mitreißendes Duett mit Jason Isbell, ist die Geschichte einer schwarzen Frau und eines irischen Mannes, die beide vor etwas davonlaufen und einander finden. Und im Hühnerstall der feministischen Hymne „Hen in the Foxhouse“ gibt es ein bisschen jazzigen Scat. Die kraftvolle Reinheit von Giddens‘ Sopran kann nicht unter den Scheffel gestellt oder aufgeraut werden und so verschmilzt auf ihrem bisher extrovertiertesten Album Giddens Vergangenheit und Gegenwart und gestaltet dabei eine kühne neue Zukunft für sich.
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