Moor Mother – The Great Bailout

Kategorie: Albums, Experimental

KLANGSTART: März 2024

THE GREAT BAILOUT von MOOR MOTHER ist ein wunderbar seltsames, dichtes und gefühlvolles Album, das Trost in unheimlichem Experimentalismus findet.

Camae Ayewa – die in Philadelphia lebende Dichterin und Komponistin, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Moor Mother – hat auf „The Great Bailout“ eine klare Botschaft für uns: Nichts von Geldwert kann jemals die Narben beseitigen, das Trauma und die ewigen Auswirkungen eines der bedrückendsten von Menschenhand geschaffenen Projekte der Welt; das des britischen Kolonialismus. Kein Song auf dem Album vermittelt diese Botschaft deutlicher als der eröffnende Track „GUILTY“, eine direkte Reaktion auf die Maßnahmen des britischen Finanzministeriums, das im Februar 2018 twitterte: „Here’s today’s surprising #FridayFact. Millions of you helped end the slave trade through your taxes.“ 

Diese klug formulierte, eigennützige Botschaft bezieht sich direkt auf das Darlehen, das im Rahmen des Slavery Abolition Act von 1835 aufgenommen wurde, um 46.000 britische Sklavenhalter zu besänftigen, die aufgrund des Gesetzes ihr menschliches „Eigentum“ verloren. Ein heutiger Gegenwert von 17 Milliarden Pfund. Ayewa hat immer wieder bewiesen, dass sie sich nicht für die Beschönigung von Erzählungen oder die Auslöschung der Geschichte einsetzt. So viel wird bei „GUILTY“ deutlich, in dem der schmerzerfüllte und leidenschaftliche Gesang ihres ebenfalls schwarzen amerikanischen Experimentalkünstlers Lonnie Holly über eine Reihe hallender Saiteninstrumente singt. 

„Taxpayers of erasure, of relapse, of amnesia / Did you pay off the trauma?“ fragt Ayewa in den Eröffnungszeilen, und der Name des Liedes wird während seiner fast zehnminütigen Laufzeit immer wieder ausgesprochen und fühlt sich jedes Mal, wenn er wiederkommt, schärfer und durchdringender an. Noch nie hat sich das Wort „schuldig“ so anklagend angefühlt. Kyle Kidd, der New-York-via-Cleveland-Sänger, der im Kollektiv Mourning [A] BLKstar auftrat, spielt bei „COMPENSATED EMANCIPATION“ und „LIVERPOOL WINS“ eine herausragende Rolle und zeigt stimmliche Leistungen, die einen auffälligen Kontrast zu Ayewa’s besonnener Sprache bilden. Kidd und Ayewa sind ein unglaubliches Paar. 

Angel Bat Dawid’s eindrucksvolle Klarinettenpinselstriche und die futuristische Komposition von Sistazz of the Nitty Gritty erwecken das neunminütige „SOUTH SEA“ wie einen Opernsatz zum Leben. In vielerlei Hinsicht funktioniert „The Great Bailout“ wie eine meditative Oper, die den Rauch in den Spiegeln zerstreut, um sicherzustellen, dass die schwierigen Fragen gleichermaßen mit Drama und Gesang gestellt und beantwortet werden. Da die Musik von Moor Mother weit über die strenge Definition von Musik hinausgeht, fühlt sich alles, was sie tut, aufregend an. „The Great Bailout“ durchbricht den Lärm des großen Pop und Rock mit etwas, das die Geschichte eindringlich auf den Prüfstand stellt.

Schließlich dient „The Great Bailout“ als implizite Hommage an die Kreativität, den Einfallsreichtum und die Unbezähmbarkeit der Schwarzen. Nikole Hannah-Jones schreibt: „They had their bodies. Histories and bloodlines and drums pulsing in their veins.“ Ayewa vertritt eine strenge Ästhetik und trägt gleichzeitig eine helle aktivistische Fackel. Sie wirft ein grelles Licht auf die unversöhnlichen und vielleicht unversöhnlichen Heucheleien, die die westliche Welt weiterhin plagen.

Transparenzhinweis: Dieser Beitrag enthält Affiliate-Links. Wenn du über diese Links kaufst, erhält MariaStacks als JPC/Amazon-Partner eine kleine Provision. Für dich bleibt der Preis gleich.

Moor Mother – The Great Bailout

Jetzt bei JPC kaufen Jetzt bei Amazon kaufen