SAMIA’s drittes Studioalbum BLOODLESS ist ein grausamer, präziser und poetischer Akt der Selbstchirurgie. In 13 Tracks, die auf komplexen Spannungen aufbauen, seziert die Singer-Songwriterin aus Minneapolis die Darstellung von Identität, den Schmerz, bekannt zu sein, und die Angst, missverstanden zu werden.
Nach dem ersten Refrain von „Bovine Excision“, dem Eröffnungstrack von Samia’s drittem Album „Bloodless“, setzt ein verzögerter Shuffle ein. Ein gleichzeitiger Gitarren- und Schlagzeug-Einschlag unterstreicht die vorherige Abwesenheit des Schlagzeugs, und – ähnlich wie die erste Strophe des Openers – findet „Bloodless“ Trost in der Abwesenheit, sei es durch die Anspielung auf Viehverstümmelung oder Sid Vicious’ gerahmten Faustabdruck in „Hole in a Frame“. Samia scheute sich scheinbar nie vor komplexen Themen oder düsteren Metaphern: Ihr Durchbruch und ihr preisgekröntes Album „Honey“ aus dem Jahr 2023 berührte Themen wie Nihilismus und Mord. Scharfes, lebendiges Songwriting ist zentral für Samia’s Schaffen. Mit „Bloodless“ zeigt sie ihre Superkraft in ihrer Neugier auf das Unbekannte und ihrer Fähigkeit, sich selbst zu verdrehen und sich den rohen, unangenehmen und zutiefst menschlichen Seiten ihrer selbst direkt zu stellen.
Mit seinen Texten, die emotional eindringlich und zum Lachen bringend sind, hat „Bloodless“ einen romanhaften Schwung. Songs wie das erwähnte „Hole In A Frame“ oder das exzellente „Fair Game“ lassen Samia’s Vorliebe für Americana-angehauchten Indie-Sound nicht mehr los, doch „Lizard“ ist von Synthesizern umrahmt – eine Art digital codierte Heartland-Hymne. „Craziest Person“ lässt das Arrangement aushöhlen, die spartanische Gitarre bildet den perfekten Kontrast zu Samia’s zarter Darbietung. „Bloodless“ ist von Anfang bis Ende stark und folgt seiner eigenen, eindringlichen Struktur – „Carousel“ ist ein dezentes Highlight, „North Poles“ hingegen ist breiter, und Samia kann zwischen den Zeilen punkten. „Bloodless“ endet mit einem letzten Akt der Enthüllung: „I got nothing under these Levi’s“, gesteht Samia in „Pants“, frei von Metaphern, Abwehrmechanismen, allem.
Die mehrteilige Struktur des Tracks, verankert durch eine ineinandergreifende Basslinie und Gesang, fühlt sich wie eine hart erkämpfte Lösung an: schmutzig, aber vollständig. Am Ende versucht „Bloodless“ nicht, das Chaos zu beseitigen – es legt es einfach bloß. Produktionstechnisch setzt das Album meist auf einen schnörkellosen Ansatz, oft tragen nur Gesang und Akustikgitarre zur Gesamtbotschaft des Albums bei: Wer weniger von sich gibt, wirkt größer. Folglich waren Samia’s Worte noch nie so tiefgründig.
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